Seit viereinhalb Jahren war die Arbeitnehmerin bei ihrem Arbeitgeber tätig. Ihr Gehalt stieg von 4.500,00 auf 7.744,75 Euro brutto monatlich an. Als ein Kundentermin anstand, meldete sich ihr Geschäftsführer per Whats-App bei ihr.
In seinen Nachrichten hieß es, dass es gut wäre, wenn „du einfach mal so ein bisschen rockmäßig was kurzes und Dekolteemäßig irgendwie was anziehen kannst, Haare machen, natürlich mögen die rote Fingernägel hab ich gehört, High-Heels und rote Fußnägel…“. Und: „dann natürlich die Kopfschmerzen aushalten in der Zeit wenn du da bist“. Außerdem schrieb er: „Gasaaaaaaanz wichtig. Nichts unter dem Rock anziehen“.
Als die Arbeitnehmerin diese Aufforderung mit „nene“ und einem Lachsmiley abwies, sollte sie doch nicht zu dem Kundentermin erscheinen. Sie schrieb daraufhin „ja, in Ordnung“ und nach Aufforderung „ja, mein Bester“. Ihr Geschäftsführer hingegen: „Du müsstest auf die Knie fallen und Danke sagen. Was bist bloß für ein Mensch. Hast mich wie immer in die Irre geführt, Nicht in der Lage was nettes zu schreiben, geschweige denn ein Kompliment. Weiß du weiß, ab jetzt Scheiß ich drauf. Du bleibst diese und nächste Woche von zu Hause. Urlaub. Will dich erstmal nicht sehen. Du kannst einfach nicht Mensch sein. Viele Grüße dein Bester“.
Sie sollte später dann nach ihrem Urlaub nur noch Homeoffice machen, sämtliche Geschenke und die Tankkarte sowie Dienstwagen zurückgeben und außerdem sollte ihr Gehalt gesenkt werden. Als die Arbeitnehmerin dann später eine Einladung zum gemeinsamen Sauna-und Thermenbesuch ablehnte, folgte die Kündigung.
Ihre Klage auf Ausstellung eines qualifizierten Zeugnisses und auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindung wurde bereits von dem Arbeitsgericht (ArbG) Bonn größtenteils stattgegeben und das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln bestätigte die Einordnung, dass die Kündigung zwar rechtswidrig war aber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses der Arbeitnehmerin aufgrund der Beleidigungen und Repressalien unzumutbar sei (§ 9 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)) und sprach ihr eine Abfindung in Höhe von 70.000,00 Euro zu.
Der Arbeitgeber berief sich zwar auf vermeintliche Pflichtverletzungen der Arbeitnehmerin. Allerdings erschien dies dem Gericht im Hinblick des zuletzt sehr hohen Gehalts sowie dem vollständigen Fehlen jeglicher Abmahnungen wenig glaubwürdig.
Die Höhe der Abfindung begründete das Gericht abgesehen von dem Vermögens- und Nichtvermögensschaden mit einer Sanktion für den Arbeitgeber. Außerdem solle damit auch ein Ausgleich und eine Genugtuungsfunktion für die psychischen Belastungen, „ähnlich dem Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen“, geschaffen werden.