Kann eine Vielzahl von Pflichtverstößen zur gerichtlichen Auflösung des Betriebsrats führen?


Im Folgenden möchten Sie die Kündigungsschutzanwälte Seume & Kollegen in Bürogemeinschaft über eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Elmshorn zur Auflösung eines Betriebsrates informieren (Entscheidung des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 23.08.2023, Az. 3 BV 31 e/23).

In der Entscheidung des Arbeitsgerichts Elmshorn ging es um den Auflösungsantrag gegen einen Betriebsrat mit sieben Mitgliedern, welchen mehr als ein Viertel der Belegschaft und die Arbeitgeberin beim Arbeitsgericht gestellt hatten.

Bei der Arbeitgeberin handelte es sich um eine kommunale Verkehrsgesellschaft in privater Rechtsform, bei welcher 168 Mitarbeiter beschäftigt waren.

Der bei der Verkehrsgesellschaft gebildete Betriebsrat hatte im Laufe der Zeit so einiges „angestellt“ .

So hatte er sich etwa in einem Eilverfahren vor Gericht auf eine falsche Versicherung an Eides statt berufen. Auch hatte der Betriebsrat für seine Betriebsratsarbeit bezahlte Freistellung im Gesamtumfang von mehr als drei Vollzeitstellen in Anspruch genommen, obwohl dies gesetzlich erst bei einer Betriebsgröße von 901 bis 1500 Arbeitnehmern (siehe § 38 BetrVG) vorgesehn ist. Zudem hatte der Großteil des Gremiums an einer Gerichtsverhandlung sowie einer Betriebsratssitzung nebst Vorbesprechung im Gericht teilgenommen, obwohl die Teilnahme des Betriebsratssitzenden genügt hätte. Im Weiteren hatte der Betriebsrat Urlaubsanträge bearbeitet und geprüft, obwohl ein Streit hierüber zwischen der Arbeitgeberin und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht ersichtlich war. Ferner hatter der Betriebsrat bei seinen Ankündigungen von Betriebsratsarbeit durchgehend ungenügende Zeitangaben getätigt, was dazu führte, dass die Betriebsratsmitglieder im Betrieb für den ganzen Tag ausgeplant werden mussten. Auf einer Betriebsratsversammlung hatte der Betriebsrat dann auch noch Gesundheitsdaten von Mitarbeitern weitergegeben. Von den Betriebsversammlungen hatte der Betriebsrat zudem den Geschäftsführer und andere Personen der Leitungsebene ausgeschlossen und somit gegen § 43 Abs. 2 BetrVG verstoßen. Der Betriebsrat hatte eine „doppelte Personalakte“ geführt, indem er sämtliche Dienstpläne, Krankheitsmitteilungen und Urlaubsanträge ausdruckte und in Aktenordnern ablegte, wiewohl auch der Betriebsrat zur so genannten Datensparsamkeit angehalten ist und der Zweck der Speicherungen mehr als fraglich war. Letztlich hatte der Betriebsrat auch noch Sprechstunden durchgeführt, ohne sich zuvor mit der Arbeitgeberin auf Zeit und Ort geeinigt zu haben.

Dies alles genügte dem Arbeitsgericht Elmshorn um zu entscheiden, dass der Betriebsrat gemäß § 23 ABs. 1 BetrVG auf entsprechenden Antrag hin aufgelöst werden kann. Das Gericht war der Auffassung, dass der Betriebsrat objektiv erheblich und offensichtlich gegen seine gesetzlichen Pflichten verstoßen hat. Auch wenn einzelne Verstöße zwar für sich genommen noch keine Auflösung rechtfertigen, kann sich aus der Gesamtschau mehrerer Gesetzesverstöße die Untragbarkeit der weiteren Amtsausübung ergeben. Dabei hat das Gericht als Verstoß beispielhaft die grundsätzliche Missachtung der Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit von Arbeitgeberin und Betriebsrat angenommen.