In der Entscheidung musste sich das BAG mit der Frage beschäftigen, ob einem Arbeitnehmer ein Schadensersatzanspruch zustehen kann, wenn der Arbeitgeber seine Verpflichtung schuldhaft hinsichtlich einer Zielvorgabe schuldhaft verletzt, indem er einem Mitarbeiter keine individuellen Ziele und Unternehmensziele verspätet mitteilt.
Ein Mitarbeiter mit Führungsverantwortung war bei seinem Arbeitgeber als „Head of Advertising“ bis zum 30.11.2019 beschäftigt. Dabei war im Arbeitsvertrag ein Anspruch auf eine variable Vergütung vereinbart. Laut der ausgestaltenden Betriebsvereinbarung sollte die Zielvorgabe jeweils bis zum 01.03. des Kalenderjahres erfolgen. Diese sollte sich zu 70 % aus Unternehmenszielen und zu 30 % aus individuellen Zielen zusammensetzen. Die Höhe des variablen Gehaltsbestandteils sollte sich nach der Zielerreichung des Mitarbeiters richten.
Ende September 2019 wurde den Mitarbeitern in Führungspositionen mitgeteilt, dass für das Jahr 2019 bezogen auf die individuellen Ziele entsprechend der durchschnittlichen Zielerreichung aller Führungskräfte in den vergangenen drei Jahren von einem Zielerreichungsgrad von 142 % ausgegangen werde. Im Oktober 2019 wurden sodann dem Mitarbeiter konkrete Zahlen zu den Unternehmenszielen einschließlich deren Gewichtung und des Zielkorridors genannt. Eine Vorgabe individueller Ziele für den Mitarbeiter folgte nicht. Schließlich zahlte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter für das Jahr 2019 eine variable Vergütung in Höhe von 15.586,55 € brutto.
Der Mitarbeiter vertrat den Standpunkt, dass ihm für das Jahr 2019 keine individuellen Ziele und die Unternehmensziele verspätet vorgegeben worden seien, weshalb ihm der Arbeitgeber zum Schadensersatz verpflichtet sei. Man müsste davon ausgehen, dass er rechtzeitig vorgegebene, billigem Ermessen entsprechende Unternehmensziele zu 100% und individuelle Ziele entsprechend dem Durchschnittswert von 142% erreicht hätte. Daher forderte er weitere 16.035,94 € als Schadensersatz.
Der Arbeitgeber vertrat dagegen die Auffassung, dass die Zielvorgabe nicht verspätet erfolgt und ein Schadensersatzanspruch ausgeschlossen sei.
Der Mitarbeiter klagte von dem Arbeitsgericht Köln. Dieses entschied, dass dem Mitarbeiter die eingeklagte variable Vergütung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustünde. Gegen diese Entscheidung hatte der Mitarbeiter eine Berüfung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Köln eingelegt. Die Berufung des Klägers beim LAG hatte Erfolg. Damit war wiederum der Arbeitgeber nicht einverstanden und legte vor dem BAG eine Revision ein.
Das BAG gab nun aber erneut dem Mitarbeiter Recht. Zur Begründung führte das BAG an, dass der Arbeitgeber seine Verpflichtungen zu einer den Regelungen der Betriebsvereinbarung entsprechenden Zielvorgabe für das Jahr 2019 schuldhaft verletzt habe. Dies geschah, indem der Arbeitgeber dem Mitarbeiter keine individuellen Ziele vorgegeben und ihm die Unternehmensziele erst verbindlich mitgeteilt hatte, nachdem bereits etwa 3/4 der Zielperiode abgelaufen waren. Das BAG führte im Weiteren aus, dass eine ihrer Motivations- und Anreizfunktion gerecht werdende Zielvorgabe zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen sei.