Kündigung wegen Kirchenaustritts?


Im Folgenden möchten Sie die Kündigungsschutzanwälte Seume & Kollegen in Bürogemeinschaft über eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) (Beschluss vom 21.07.2022, Az. 2 AZR 130/21 (A)) informieren.

Darf eine Hebamme wegen eines Kirchenaustritts gekündigt werden?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich auf dem Wege eines Vorabentscheidungsersuchens mit der Frage an den Europäische Gerichtshof (EuGH) gewandt, ob einem Arbeitnehmer/einer Arbeitnehmerin aufgrund eines Kirchenaustritts gekündigt werden darf. Der EuGH wird sich nun mit der Frage zu befassen haben, ob eine Kündigung, die auf einem Kirchenaustritt beruht, gerechtfertigt ist.

Mitte 2014 war eine Hebamme bei dem beklagten Krankenhaus der Caritas angestellt. In dem Zeitraum ihrer Beschäftigung dort war sie Mitglied der katholischen Kirche. Nach Ende ihrer Beschäftigung bei dem Krankenhaus trat sie aus der katholischen Kirche aus. 2019 bewarb sie sich erneut bei diesem Krankenhaus. Im Einstellungsgespräch kam ihre Kirchenmitgliedschaft nicht zur Sprache. Im Personalbogen, welchen sie zusammen mit dem unterschriebenen Arbeitsvertrag eingereicht hatte, gab sie allerdings ihren Austritt aus der katholischen Kirche an. Die Versuche des Krankenhauses, sie zu einem Wiedereintritt zu bewegen, blieben erfolglos. Es folgte eine Kündigung.

Die Hebamme erhob daraufhin eine Kündigungsschutzklage. In der ersten Instanz (Arbeitsgericht Dortmund – Urteil vom 09.10.2020; Az.: 4 Ca 3024/19) wurde dieser Klage stattgegeben, in der zweiten Instanz (dem Landesarbeitsgericht Hamm – Urteil vom 24.09.2020; Az.: 18 Sa 210/20) allerdings nicht. Daraufhin wurde der Fall dem BAG vorgelegt. Dieses entschloss sich, das Verfahren auszusetzen und den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchens anzurufen. Dieser Entschluss basierte auf folgender Frage:

Liegt eine Ungleichbehandlung der hier klagenden Hebamme im Verhältnis zu anderen nicht-katholischen Arbeitnehmen vor, welche zwar ihrerseits nicht ausgetreten sind, aber auch nie Mitglieder der katholischen Kirche waren?

Diese Frage erinnert an den sog. „Chefarzt-Fall“ (hiesigen Beitrag „Darf ein katholischer Chefarzt gekündigt werden, weil er nach der Scheidung nochmal heiratet?„), in welchem sich der EugH positioniert hatte. Auch in dem dortigen Fall kam es zu einer Kündigung, welche nicht durch Gründe im Verhalten oder personenbedingt gerechtigt war. Und auch in dem Fall war problematisch, wenn je nach Konfession verschiedene Anforderungen an das Verhalten der jeweiligen Personen gestellt wurden.

Im Fall der Hebamme wurde von Seiten des Krankenhauses, das Argument vertreten, dass ein Austritt eine Abwendung von der katholischen Kirche und eine bewusste Ablehnung darstelle, wohingegen eine Konfessionlosigkeit eher Neutratlität vermittele. Außerdem sei der Beschäftigungsbereich einer Hebamme ein glaubensnaher. Die Hebamme hingegen hatte angeführt, dass für sie der Missbrauchsskandal der katholischen Kirche Anlass zum Austritt gewesen, sie aber weiterhin gläubig sei. Das Krankenhaus äußerte dahingehend die Befürchtung, dass es zu kritischen Äußerungen über die katholische Kirche vonseiten der Hebamme gegenüber werdenden Eltern kommen könnte.

Nachdem der EuGH zu diesen Fragen eine Entscheidung getroffen hat, geht das Verfahren an das BAG zurück. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Fall auch noch vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) beschäftigen wird.

Wenn Sie arbeitsrechtliche Fragen haben, können Sie sich gerne an einen Anwalt für Arbeitsrecht wenden. Die Kündigungsschutzanwälte Seume & Kollegen in Bürogemeinschaft helfen Ihnen gerne weiter. Rufen Sie uns gerne an!